Arbeitskreis kommunale Jugendarbeit

Dass sich Kindheit und Jugend verändert haben, belegen zahlreiche Studien. Ob es um die nicht mehr wegzudenkende Nutzung von Medien geht, Ganztagsschulkonzepte oder die psychosozialen Folgen von Covid-19, junge Menschen stehen vielen Herausforderungen gegenüber. Die Erwartungen an Kinder und Jugendliche steigen stetig und sie sind vielfältigem Druck ausgesetzt, auch von der eigenen Peergroup. Insbesondere in der Welt von Instagram, TikTok, Youtube und Co. ist Selbstperformance für viele ein essentieller Teil der Lebenswelt geworden.

Die tatsächliche freie Zeit der Kinder und Jugendlichen wird immer weniger. Neben Schule, Familie, Freunden und Medien bleibt nicht mehr viel Raum übrig, um seine Freizeit selbstbestimmt zu gestalten. Und dann kommen auch noch Vereine, Kirche, Jugendpflege und weitere Träger auf die Kinder zu und möchten sie für ihre Angebote begeistern.

Die erste große Frage stand gleich zu Beginn im Raum. Was sind die Besonderheiten und Alleinstellungsmerkmale von offener kommunaler Kinder- und Jugendarbeit und wie unterscheidet sie sich von anderen Räumen, in denen Kindheit und Jugend stattfinden?

Die wichtigsten Merkmale von offener Jugendarbeit sind Freiwilligkeit, Themenfreiheit, Flexibilität, Gemeinwesenorientierung und Individualität. Die Angebote finden grundsätzlich für alle statt und haben einen niedrigschwelligen Charakter mit flachen Hierarchien und ohne Leistungsdruck. Offene Jugendarbeit ist lösungsorientiert und wertungsfrei. Für einen Großteil der Angebote ist eine Anmeldung nicht notwendig. Wer kommt ist da und ist herzlich willkommen. Die Pädagog:innen nehmen sich Zeit für jeden Einzelnen und die Gruppen und arbeiten bedarfsorientiert. Die Qualität der Arbeit geht über die Quantität. Das Arbeitsfeld hat den großen Vorteil flexibel gestaltet werden zu können und Prioritäten täglich neu setzen zu können, da die Menschen im Fokus stehen.

Damit unterscheidet sich die offene Kinder- und Jugendarbeit grundlegend von anderen Institutionen, die mit dieser Zielgruppe arbeiten. Die Beziehungsarbeit steht im Zentrum und das Ziel ist es ein gegenseitiges Vertrauensverhältnis aufzubauen. Kinder und Jugendliche finden so einen Ort und Menschen, wo sie ohne Zwang und Leistungsdruck auf offene Türen und offene Ohren stoßen. Ein Programm wird nur selten vorgegeben. Es geht immer um Beteiligung und Mitbestimmung. Jugendliche haben die Möglichkeit sich aktiv nach ihren Interessen in verschiedenen Bereichen einzubringen und ihre Meinung frei zu äußern.

Eine Kernaufgabe der offenen Kinder- und Jugendarbeit ist es gemäß §§ 1 und 11 SGB VIII Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen das Recht auf Förderung und Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu ermöglichen. Auch im hessischen Kinder- und Jugendhilfegesetzbuch § 2 ist verankert, dass junge Menschen und Familien zu beteiligen sind und der Dritte und Vierte Teil §§ 35 bis 47 beschäftigt sich explizit mit außerschulischer Jugendarbeit und Ehrenamt in der Jugendarbeit. Dazu gehören in der alltäglichen Praxis der Jugendpflegen Demokratiebildung und das Übernehmen von Verantwortung zum Beispiel in selbstverwalteten Jugendräumen oder in Kinder- und Jugendbeteiligungsformaten, Präventionsangebote z.B. aus den Bereichen Sucht und Gewalt oder ganz konkrete Aktionen wie Workshops im Freizeit- und Bildungsbereich.

Die Jugendpfleger:innen aus dem Landkreis Gießen sind sich einig, dass diese zentralen Elemente ihres Arbeitsfeldes weiterhin fokussiert werden müssen. Dafür ist es wichtig, dass Kinder, Jugendliche und Familien Kenntnis über dieses besondere Arbeitsfeld haben und dessen Schwerpunkte zu schätzen wissen.

Damit die offene Kinder- und Jugendarbeit neben den vielen anderen Bereichen in der Lebenswelt der jungen Menschen nicht zu kurz kommt, möchten die Jugendpflegen und Kinder- und Jugendbüros des Landkreises Gießen gezielt auf ihren Arbeitsbereich aufmerksam machen und verstärkt in den Medien und in der Öffentlichkeit auftreten und wahrgenommen werden.

Ideen zur Umsetzung werden in der neu gegründeten AG Lobbyarbeit des Arbeitskreises Kommunale Jugendpflegen besprochen, um zeitnah umgesetzt werden zu können.

Anregungen, Ideen und Rückfragen von allen Menschen sind bei den Jugendpfleger:innen gerne gehört und gesehen. Kommen Sie gerne auf ihre Jugendpflegen und Kinder- und Jugendbüros vor Ort zu.

zurück